Michael
Schlüter |
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Eine aquaristische Reise zum Kapuas Fluss in West Kalimantan |
Ausschlaggebend für diese Reise war die
Erstbeschreibung von Hemirhamphodon kapuasensis (Anderson & Collette, 1991), die ich
erst letztes Jahr erhalten habe. Die Fische begeisterten mich sofort und ich beschloss den
Fundort der Erstbeschreibung aufzusuchen, um die Fische nach Deutschland zu bringen. Fotos dieses und des nächsten Fundortes und
einiger dort gefangener Fische: weitere Fotos sind in
der englischen Version zu finden: Da wir mit unseren weißen Körpern und der
teilweise recht merkwürdigen Kleidung, wie Surfschuhe oder Tropenhut stark auffielen,
hatte unser netter und hilfsbereiter Führer Kasigen, der auch auf das Auto aufpasste,
schnell Kontakt mit interessierten Landsleuten. Hierzu gehörten auch zwei Fischer, die
regelmäßig Sundadanio für den Export fangen und uns berichteten, dass vor ca. 4 Monaten
bereits eine Japanerin hier gefangen hatte. Bei dieser Anzahl interessanter Fischarten
nicht weiter erstaunlich. Biotop Nummer 3 lag in einer Hügellandschaft mit beginnender Brandrodung für Reisfelder. Es handelt sich um einen schnell-fließenden Klarwasserbach mit Bergbachcharakter. Der Fluss hatte viele abwechslungsreiche Zonen mit Tiefen von 20 bis 100 cm bei einer Breite von durchschnittlich 6 Metern. Stein-, Kies- und Sandzonen wechselten sich ab. Trotz dieses starken Strukturreichtums fingen wir lediglich 2 Barben und eine Nemacheilus-Art, evtl. Nemacheilus saravacensis. Ich hatte auf Flossensauger gehofft. Vielleicht hatte der Fluss mit einer Temperatur von 28,5 °C trotz der starken Strömung zu wenig Sauerstoff? Wir haben nur den PH-Wert mit 6,8 und den Leitwert mit 37 µs/ccm³ gemessen. Landschaftlich war dieser Bach sehr reizvoll. Der nächste Biotop brachte eine Überraschung für mich. Eine Hemirhamphodon-Art. Der Bach lag im Hügelland mit Primärwald und beginnender Brandrodung am Ende eines Dorfes und wurde als Waschplatz genutzt. Hier war der Bach 2 bis 4 Meter breit und 30 bis 100 cm tief. Das stark fließende, schwach gelbliche, klare Wasser hatte am 30.09. um 17.15 Uhr eine Temperatur von 27 °C, PH-Wert 6,7 bei 2 µs/ccm³. Hier konnten wir Barbus spec., Rasbora sumatrana, R. sarawakensis, Acantophtalmus shelfordi, Nemacheilus selangoricus, Doryichthys spec., Channa striata und Hemirhamphodon phaiosoma fangen. Ich hatte von diesen Biotop bereits bei Roberts (1989) gelesen und wollte auch die Hemirhamphodon fangen, wusste jedoch nicht, wie diese aussehen. Auch in der Revision von Anderson & Collette (1991) war keine Abbildung. Als erstes fiel mir H. kapuasensis ein, der ebenfalls eine rote Seitenlinie hat. Dafür war bei dieser Art die Rückenflosse deutlich länger. Von der uns ebenfalls interessierenden Doryichthys-Art konnten wir nur ein Einzelexemplar in fast fünf Stunden fangen. Dieses hielt sich unter dem unterspülten Uferbereich auf. Für den nächsten Tag planten wir unsere erste mehrtägige Fahrt bis Sintang. Unsere bereits gefangenen Fische wollten wir in Wäschewannen und den bereits genannten Wasservorratsbehälter im Badezimmer unserer Pension lassen. Die meisten von uns gefangenen Fische waren gut genährt. Für den täglichen Wasserwechsel nutzten wir das Wasser aus der Leitung. Dies stammte laut Kasigen aus einem Fluss und war mit einem PH-Wert von 7,2 bei 22 µs/ccm³ für die Klarwasserfische gut geeignet. Für die Schwarzwasserfische holten wir das Wasser von unserem ersten Fundort. Das dieses aufgrund Agrarwirtschaft und Rodung bereits verunreinigt war, konnten wir an dem teilweise starkem Algenwuchs und der für Schwarzwasser hohen Leitfähigkeit feststellen. Da wir keine kranken Fische gefangen haben, schien uns das Wasser jedoch am besten geeignet, da es recht nahe lag. Für die Fütterung der Fische setzten wir Artemiaeier an und lockten kleine Ameisen, die in unserem Badezimmer liefen, mit etwas Mango an. So konnten wir mehrmals in der Woche füttern. Unser fünfter Fundort lag in einem kaum besiedelten Gebiet ca. 10 Kilometer hinter Sekadau mit Sekundärwald und unseren ersten Nepenthes am natürlichen Standort. Auch hier wurde Holz geschlagen. Der kleine, stark strömende Schwarzwasserbach wurde durch die Strasse gestaut und überschwemmte das Ufer. Hier konnten wir Rasbora kalochroma, einen Siluriden und Jungfische einer Betta-Art fangen. Die größten Rasbora hatten ein Länge von 6 cm und waren in dem turbulentem Bereich vor der Unterführung der Strasse zahlreich. Bei einer Wassertemperatur von 27 °C um 18.00 Uhr konnten wir einen PH-Wert von 3,78 und 22 µs/ccm³ messen. Die Rasbora beeindruckten uns mit ihrer dunkelroten Körperfarbe und wurden deshalb mitgenommen. Nach einer Übernachtung in einem etwas merkwürdigen Hotel in Sekadau, fuhren wir nordöstlich auf einer schmalen Strasse zu einem einzelstehenden Berg, kurz hinter Sintang. Hier fischten wir an zwei Klarwasserbächen. Im ersten (Biotop 6) fingen wir Rasbora pauciperforata, Barbus pentazona und Luciocephalus pulcher. Im zweiten Bach (Biotop 7) konnten wir Hemirhamphodon poponognathus und zwei Rasbora-Arten fangen. Auf unserem Rückweg nach Pontianak war unsere nächste Übernachtung in Sintang wesentlich komfortabler. Dennoch benutzten wir auch hier unsere Moskitonetze um die allgegenwärtigen Insekten abzuwehren. Am nächsten Morgen, dem 03.10.01 starteten wir früh, da wir das uns in der Nähe der Fundorte von Hemirhamphodon kapuasensis befanden. Natürlich wollten wir den Weg dorthin nutzen, um weitere Biotope zu befischen. Unser achter Biotop war wieder ein schöner Klarwasserbach mit einer Temperatur von 25 °C, PH-Wert 4,7 und 10 µs/ccm³. Hier konnten wir Einzeltiere von Barbus pentazona, einige Rasbora spec. und R. dorsiocellata sowie Nandus nebulosus, Pristolepsis spec., Mastacembelus spec. und einen Bagriiden, Mystus ssp. fangen. Der nächste Fundort war ein Klarwassergraben, in dem wir Rasbora kalochroma, R. pauciperforata, Rasbora sp. aff. sumatrana mit gelber Caudale sowie viele Trichogaster trichopterus trichopterus fanden. Der 10. Fundort war ein sehr schöner Bach, der von der dort lebenden Bevölkerung als Sungai Merah, was roter Fluss bedeutet, bezeichnet wurde. Schon von dem Ufer des Gewässers konnten wir Hemirhamphodon erkennen. Diese ließen sich am Besten mit einem Kescher mit Stiel fangen. Hierzu wurde der Kescher langsam von Unten an die Tiere geführt. Es waren tatsächlich Hemirhamphodon kapuasensis! Unsere Freude über diese Art äußerte sich nach zwei Stunden in der gefangnen Stückzahl. Wir hatten 50 Tiere erbeutet. Erst dann versuchten wir, auch von den größeren Barben, die in den tieferen Bereichen des Flusses standen, wenigstens ein Exemplar zu fangen. Aufgrund der Holzeinlagerungen und vieler Steine war das Fischen mit dem Zugnetz nicht möglich. Mit den Handnetzen hatten wir fast keine Chance. Lediglich ein kleineres Tier dieser Art, Osteochilus hasselti, konnten wir fangen. Die klare, braune Wasser hatte um 16.30 Uhr eine Temperatur von 27,5 °C, bei einem PH-Wert von 5,3 und 8 µs/ccm³. Die weitere Suche, besonders im Uferbereich ergab folgende Arten: Rasbora agilis, Betta cf. anabatoides, Nandus nebulosus und einen unbekannten Cypriniden, vermutlich eine Rasbora-Art. Diese hatte eine grau-metallische Körperfarbe mit einem kupferfarbenen Längsband. Die Rücken-, After- und Schwanzflosse schimmerten rotbraun. Besonders markant war hier ein silberweißer Leuchtstreifen, der am Rücken kurz hinter der Rückenflosse begann und bis zur Schwanzwurzel reichte. Die Rücken- und Schwanzflossenbasis waren an den Rändern weiß gefärbt. Die Bauchflossen waren schmal weißgestreift. Die größten von uns gefangenen Exemplare hatten eine Länge von 45 mm. Im Aquarium erwiesen sie sich als lebhafte Schwimmer, die sich häufig jagen. Nachdem wir einige der Hemirhamphodon und der genannten Cypriniden verpackt hatten, fuhren wir am nächsten Tag zurück nach Pontianak. Wir wollten auch sehen, wie es den zurückgelassenen Fischen ging. Unser elfter Fundort hatte ähnliche Wasserwerte (11.00 Uhr, Temperatur 27 °C, PH-Wert 5,6, Leitfähigkeit 5 µs/ccm³) und war so schön wie der am Tag zuvor. Hier konnte wir neben Hemirhamphodon kapuasensis, Nandus nebulosus, Pristolepsis spec. und zwei Rasbora-Arten auch Luciocephalus pulcher und Channa marulia fangen. Uns erstaunte die hohe Anzahl an Raubfischen im Verhältnis zu den Friedfischen. Fundort Nummer 12 war ein Graben mit braunem, nahezu unbewegtem Wasser, das von einem Netz gestaut wurde. Die Wassertemperatur betrug um 14.00 Uhr 29 °C, PH-Wert 5,95, 16 µs/ccm³. Wir konnten Betta edithae, Parosphromenus anjuganensis, Trichogaster trichopterus, Cycolcheilichthys apogon, Osteochilus hasselti Rasbora sp. aff. sumatrana, R. pauciperforata, hier mit gelben Längsstreifen, R. bankanensis, Mystus spec. und Pristolepsis spec. fangen. Nach Ankunft in unserer Pension sahen die zurückgebliebenen Fische gut aus. Die ersten Verluste stellten wir beim Ausladen der Behälter und Plastiktüten fest. Die Hemirhamphodon kapuasensis aus dem zehnten Biotop alle gestorben. Vermutlich hat sich das Wasser in der Plastiktüte zu stark erhitzt. Selbstverständlich trifft es immer die schönsten Fische. Unsere Reisefreudigkeit wurde nach Rückkehr in Pontianak durch zwei geplatzte Reifen und einem Loch im Kühler des Toyota Kijang unterbrochen. Wir wollten erneut Schwarzwasser aus dem ersten Biotop für den Wasserwechsel holen. Uns wurde zwar gesagt, dass das Fahrzeug am nächsten Tag repariert sei, auf der Fahrt mussten wir jedoch kurz vor unserem ersten Fundort umdrehen. Der Kühler war in den letzten 4 Kilometern 5 mal leergelaufen. Für eine längere Reise eine ungünstige Ausgangsposition. Leider dauerte die Reparatur so lange, dass wir ein Ersatzfahrzeug mieteten. Die Organisation des Ersatzwagens brauchte so viel Zeit, dass wir unsere ursprüngliche Planung mit der Fähre nach Ketapang zu fahren, aufgeben mussten. Wir beschlossen am 08.10 von Sungei Penjuh nordöstlich Richtung Toho zu fahren. Hier sollte es nach Auskunft eines Freundes unseres Führers, der mit uns ein neues Fahrzeug gesucht hatte, einige Schwarzwasserbäche geben. Unser 13ter Fundort lag in einer Savanne und war ein war ein 10 bis 15 Meter, an einigen Stellen lediglich 4 Meter breiter Schwarzwasserfluss. In der Mitte war er etwas über 2 Meter tief. Daher konnten wir das Zugnetz nur im Uferbereich einsetzen. Das kaffeebraune Wasser floss mäßig bis stark über sandigem und schlammigen Untergrund. Im Wasser war wenig Laub. Im Uferbereich standen häufig Gräser, die vielfach mit Algen durchsetzt waren. Die Wassertemperatur betrug um 14.00 Uhr 28 °C, PH-Wert 4,34 bei 24 µs/ccm³. Viele der Arten deckten sich mit unserem ersten Fundort. Wir konnten Puntius hexazona, Osteochilus spilurus, Rasbora agilis, R. pauciperforata, Sundadanio axelrodi grün, Neohomaloptera johorensis, die aus Fundort Eins bekannten Kottelatlimia, Belontia hasselti, Betta edithae, Mastacembelus spec. und eine unbekannte Grundel, evtl. eine Pseudogobius fangen. Leider waren die Grundeln sehr hinfällig, so dass wir nur ein Tier zum Fotografieren mitnahmen. Sowohl die Sundadanio, als auch die Neohomaloptera und Kottelatlimia pristes hatten nicht die hübsche Färbung wie die Tiere aus dem ersten Biotop. Der nächste Fundort war ein 100 bis 150 cm breiter, zwischen 20 und 80 cm tiefer Klarwasserbach im bewaldeten Hügelland. Um 15.00 Uhr konnten wir die Wassertemperatur mit 29 °C, PH-Wert 7,12 und 36 µs/ccm³ messen. Dort haben wir nur drei Fischarten gefangen: Rasbora cephalotaenia, Lepidocephalichthys spec. und Hemirhamphodon phaiosoma. Am nächsten Tag stellten wir mit Erschrecken fest, dass einige der Hemirhamphodon kapuasensis in der Wäscheschüssel mit dem Bauch nach oben schwammen. Etwas Schaum war an der Oberfläche zu sehen. Wir haben die Behälter belüftet, der Schaum konnte jedoch nicht davon stammen. Vermutlich war etwas Seife in den Behälter gefallen. Trotz mehrmaligen Wasserwechsels starb die Hälfte der Hemirhamphodon bis zum nächsten Abend. Also beschlossen wir am 10.10.01 noch einmal zu unserem elften Fundort zu fahren und erneut Hemirhamphodon kapuasensis zu fangen. Glücklicherweise hatten wir einen Fahrer, der die Fahrt in 3,5 Stunden schaffte. Nachdem wir innerhalb von 40 Minuten 15 Halbschnäbler zwischen 3 und 6 cm Länge gefangen hatten, beschlossen wir noch in dem bereits von Roberts (1989) befischten Sungei Tekam nach Eirmotus octozona zu suchen. Dieser mündete direkt laut Anwohnern in den Sungei Merah. Dort sollte es auch Sphaerichthys vaillanti geben. Leider konnten wir diese Art trotz intensiver Bemühungen nicht fangen. Dafür brachte unser zweiter Kescherzug bereits Eirmotus octozona. Weiterhin fingen wir Hemirhamphodon phaiosoma, Rasbora agilis, Betta cf. dimidiata, Nandus nebulosus, eine Channa-Art und einen Jungfisch einer Grundel. Der PH-Wert mit 5,59 und die Temperatur mit 27° C um 15.00 Uhr wichen von Roberts Messungen ab. Der Leitwert betrug 5 µS/ccm³. Roberts hatte allerdings weiter oben im Flusslauf gefischt. Der farblose, schnellfließende Bach war im Mündungsbereich von Grundstücken umgeben, die nach 500 Metern bereits in Sekundär-Regenwald übergehen. Die durchschnittliche Breite betrug etwa 1,5 Meter bei einer Tiefe von 60 cm. In einigen Bereichen war er 30 cm tief, in anderen bis zu 90 cm. Hinter dem letzten Haus konnten wir viele Wasserpflanzen, Cryptocorynen und Cabomba feststellen. Der Bodengrund bestand aus feinem Sand mit viel Laubeinlagerungen. Hätte es nicht plötzlich angefangen heftig zu regnen, wären wir noch bis zum Abend geblieben. Zurück in Pontianak beschlossen wir einen Tag später erneut zu unserem ersten Fundort zu fahren, um dort Sundadanio axelrodi, Parosphromenus und Betta rutilans für unsere Aquarien zu fangen. Während des Fischen wurde unser Führer von einem Bekannten angerufen, der berichtete, dass durch die Zeitung ein s.g. sweeping angekündigt wurde. Wir mussten unsere Aktivitäten einstellen und zurück zum Hotel fahren. Dort war keine Auskunft zu erhalten. Am nächsten Morgen wurde uns von der Hotelleitung gesagt, dass wir aufgrund des angekündigten Sweepings umgehend das Hotel verlassen sollten. Die bereits gefangenen Fische blieben dort. Unser Begleiter Kasigen hatte das Zimmer auf seinen Namen gemietet. Nach einer Nacht in einer privaten Unterkunft beschlossen wir die Fische zu verpacken und abzureisen. Bis auf Eirmotus octozona haben alle Fische die lange Rückreise gut überstanden. Ich danke Kai Erik Witte von den Universität Tübingen für die vorläufige Identifizierung der Arten. Er nennt es quick and dirty. Literatur: Kapuas |
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