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Michael Schlüter
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Gerd Kassebeer 07.00: AH 4/00, S. 663/053 

Weiches Wasser fürs Aquarium?

Es löst Probleme und schafft neue! 

Glücklich können sich alle Aquarianer preisen, bei denen aquariengerechtes Wasser aus der Leitung kommt. Manches läßt sich durch geeignete Wahl von Fischen und Pflanzen machen, aber vielfach passen die Bedürfnisse der Pfleglinge und das Angebot des Wasserwerks nicht zusammen. Das Wasser muß weicher gemacht werden.

 

 1.) Die meisten unserer Pfleglinge kommen aus weichem Wasser

Sehen wir uns in der Literatur Wasseranalysen von den Fundstellen von Fischen und Wasserpflanzen an, so fällt uns auf, daß die meisten Wässer sehr salzarm sind. Das gilt z. B. für das Amazonasbecken, weite Teile Südostasiens und Westafrika. Im Einzelfall muß man nachschlagen, welche Wasserverhältnisse unser Fisch oder unsere Pflanze am natürlichen Standort hat. Im Aquarienatlas von R. Riehl/H. A. Baensch (Mergus-Verlag), im Buch „Pflanzen im Aquarium“ von K. Horst (Ulmer-Verlag) oder im Aquarienpflanzen-Atlas von C. Kasselmann (Ulmer-Verlag) z. B. sind solche Angaben zu finden.

Beispielsweise wird für die Nachzucht von Diskus-Wildfängen sowie einigen Apistogramma-Arten Weichwasser benötigt. Die meisten Fisch- und Pflanzenarten sind allerdings „hart“ im eigentlichen Sinne, indem sie unsere harten Wasserverhältnisse akzeptieren. Spezielle Pflanzenarten, vor allem lichtbedürftige Stengelpflanzen, ziehen allerdings weiches Wasser vor. Hier sind es z. B. Ammania gracilis und Eusteralis stellata.

Andererseits scheinen manche Algenarten hartes Wasser zu bevorzugen.

Manchmal werden aquaristische Probleme nur durch weiches Wasser überwunden. 
 

2.) Was ist weiches Wasser?

 Das muß man differenziert sehen! Gehen wir nach dem deutschen Waschmittelgesetz vom 20.8.1975, so bezeichnet man ein Wasser mit niedriger Härte als weich, eins mit hoher Härte als hart. 

Einteilung von Trinkwasser nach dem Waschmittelgesetz

 

Einteilung

Gesamthärte (°dGH)

Ca + Mg (mmol/L)

weich

< 7

< 1,3

mittelhart

7-14

1,3-2,5

hart

14-21

2,5-3,8

sehr hart

> 21

> 3,8

 Diese Definition ist ausgerichtet auf den Waschmittelbedarf, den die Härtebildner des jeweiligen Leitungswassers induzieren, und scheint daher nur bedingt für aquaristische Zwecke geeignet zu sein. Andererseits sind in fast allen natürlichen Süßgewässern und Trinkwässern Europas die Härtebildner Calcium und Magnesium die Haupt-Kationen, und in vielen Fällen Hydrogencarbonat das Haupt-Anion. Insofern ist die Definition gar nicht so schlecht.

Nach K. Höll: Wasser (W. de Gruyter-Verlag) bezeichnet man ein Wasser mit 0-4°dGH als sehr weich und eins mit 4-8°dGH als weich.

Man kann natürlich Weichwasser auch über die Leitfähigkeit definieren, z. B. < 250µS/cm. Das würde etwa den 7°dGH entsprechen. In der Praxis versucht man bei Fischen Leitfähigkeiten von 50-100 µS/cm für Zuchtzwecke zu realisieren.

Pflanzen gedeihen im salzarmen Wasser nicht gut, weil sie die Härtebildner Calcium und Magnesium nicht anreichern können und somit auf ein zureichendes Angebot dieser beiden Stoffe angewiesen sind. Andererseits hat sich Hydrogencarbonat als Hemmstoff bei der Kultur manchen Wasserpflanzenarten erwiesen. Hier reicht es zur Senkung des pH völlig aus, mit geeigneten Mitteln die Karbonathärte (= Säurekapazität bis pH 4,3) zu senken, ohne die Permanenthärte zu verändern (siehe auch AH 3/2000, S. 613: Die Karbonathärte).

Das ist bei der Wasserpflanzenkultur der erfolgreichere Weg. Hier sind 2-5°dKH anzustreben. Damit hätten wir ein karbonathärtearmes Wasser als Weichwasser. Bei den Fischen ist es offenbar so, daß manche schon in karbonathärtearmen Wasser züchtbar sind, manche aber nur in salzarmen. Während erwachsene Fische weniger durch die falschen Wasserwerte tangiert werden, sieht das bei den Eiern und frisch geborenen Larven ganz anders aus. Sie sind viel empfindlicher und auf die Einhaltung geringer Salzgehalte und geringer pH-Werte angewiesen.

Die Enthärtung mit einem Neutraltauscher führt zum Ersatz der Härtebildner Ca + Mg durch Natrium. Salzgehalt , Leitfähigkeit und Karbonathärte bleiben gleich groß. Das bringt aquaristisch keine Vorteile, obwohl das behandelte Wasser „weich“ ist, d. h. eine geringe Härte hat.

Wie Sie sehen, ist der Begriff „Weiches Wasser“ ein schillernder!
 

 3.) Herstellung von salzarmen Wasser mit Ionentauschern

 Zu den Uraltmethoden gehört die Verwendung von Regenwasser, das Abstehenlassen oder Abkochen und die Filtration über Torf. Heute üblich ist die Entsalzung mit Ionentauschern oder mit der Umkehr-Osmose.

Für die Vollentsalzung durch Ionentausch werden entweder eine Kombination einer Kationentauschersäule mit einer Anionentauschersäule gebraucht, die man selbst regenerieren kann, oder ein Mischbett-Ionentauscher, der die beiden Austauscherarten als homogene Mischung enthält, und die durch eine Servicefirma getrennt und regeneriert werden müssen.

Die Regeneration von Kationentauscher und Anionentauscher erfordert das Hantieren mit nicht ganz harmlosen Chemikalien wie Salzsäure und Natronlauge. Andererseits erfordert die Benutzung eines Mischbetts die räumliche Nähe einer Regenerierstation. Da ich einen solchen Service in der Nähe habe, kommt mein vollentsalztes Wasser praktisch direkt aus dem Wasserhahn. Die Erschöpfung des Mischbetts wird an einem Leitfähigkeitsindikator angezeigt. Mein Gerät stammt von der Firma Christ, enthält 10 Liter Mischbett und hat eine Kapazität von 20000 Härtelitern, das sind 2000 Liter bei 10°dGH. Bei Regenerierkosten von 60 DM sind das 3 Pfennig pro Liter vollentsalztes Wasser. Dazu kommt knapp 1 Pfennig für das Wasser und 3 Pfennig für die Abschreibung des Gerätes. Die Entsalzung mit 2 getrennten Säulen dürfte preiswerter, aber unkomfortabler sein. ( durch K. Horst hinzugefügt) :

Außerdem sollten Aquarianer schon aus umweltökologischen Aspekten den Umgang mit Säuren und Laugen unterlassen!

 

4.) Salzarmes Wasser durch Umkehrosmose

 Kleine Anlagen zur Entsalzung durch Umkehrosmose gibt es im Zoohandel, z. B. bei der Firma DUPLA. Hier wird das Leitungswasser mit Systemdruck durch eine semipermeable Membran gepreßt. Etwa 20% des Wassers kommen als praktisch salzfreies Permeat aus dem Modul und werden zur Nutzung aufgefangen. 80% des Wassers treten als Retentat mit dem zurückgehaltenen Salz aus dem Modul und laufen ungenutzt ab, wenn man es nicht anderweitig als Brauchwasser verwenden kann.

 

5.) Vergleich der beiden Entsalzungstechniken

 Während eine Entsalzung mit einem 10 Liter-Mischbett einen Durchlauf von 100 Liter pro Stunde zuläßt, erzeugt ein Modul etwa 100 Liter salzfreies Wasser pro Tag, dazu etwa 400 Liter Retentat mit einem Salzgehalt, der 25% höher ist als beim Ausgangswasser. Dieses Wasser wäre noch als Brauchwasser einsetzbar. Beim Kostenvergleich schlägt der Wasserpreis fünffach zu Buche, dafür entfallen die Regenerierkosten. Wegen der geringeren Beschaffungskosten dürfte die Abschreibung geringer als beim Mischbett anzusetzen sein. Vor allem bei großem Wasserbedarf ist die Umkehrosmose die wirtschaftlichste Methode, Wasser zu entsalzen.

Während der Betrieb eines Mischbetts eine Befüllung von Eimern oder Kanistern in Minuten zuläßt (man kann also dabei stehen bleiben), ist das bei einer Umkehrosmose wegen des geringen Volumenstroms nicht möglich. Hier ist der Betrieb in einer Badewanne oder einer Waschküche mit Bodenablauf, der Einsatz einer Schaltuhr oder eines Leckalarms oder eines Pegelschalters mit Magnetventil oder der Einsatz größerer Behälter angezeigt.

 

6.) Zur Qualität des entsalzten Wassers

 Mein Mischbett erzeugt ein Wasser mit einer Restleitfähigkeit von 2 µS/cm, eine Zweisäulen-Entsalzung schafft etwa 10-20 µS/cm, eine Umkehrosmoseanlage etwa 95-98% der Ausgangsleitfähigkeit des Wassers, bei einer Gesamthärte von 10°dGH = 350 µS/cm etwa 20 µS/cm.

Die Umkehrosmose soll im Gegensatz zum Ionentausch auch Pestizide zurückhalten, aber wo in Deutschland wurde schon einmal im Trinkwasser eine fischtoxische Konzentration eines Pestizids nachgewiesen?

Das nach beiden Methoden entsalzte Wasser ist also viel zu gut und muß daher wieder aufgesalzen werden, z. B. als Zuchtwasser für Fische auf 50-100µS/cm. Wenn das Trinkwasser qualitativ geeignet ist, dann kann es zum Mischen mit dem entsalzten Wasser benutzt werden. Ist das Leitungswasser nicht aquaristisch geeignet, weil es z. B. Phosphat oder 50 mg NO3/L enthält oder aus einem Neutraltauscher kommt und damit Natrium statt Calcium enthält, dann empfiehlt es sich, Aufhärtungspräparate im Zoohandel zu kaufen und damit aufzusalzen. Wenn die Kultur von Wasserpflanzen im Vordergrund steht, dann sollte eine Karbonathärte von 2-5°dKH angestrebt werden. Das entspricht zwar nicht den Analysenergebnissen am Fundort der meisten Pflanzen, aber den Kulturerfahrungen von Experten (siehe obige Literatur).

 

7.) Weiches Wasser ist instabil! 

Je salzärmer ein Aquarienwasser ist, um so schneller gerät es außer Kontrolle. Das hat mehrere Gründe. Die wichtigsten hängen mit dem Nitrathaushalt des Aquarienwassers zusammen. Nitrat entsteht aus dem Stickstoffanteil des Fischfutters entweder über das von den Fischen ausgeatmete Ammonium, das anschließend von den Filterbakterien zu Nitrat oxydiert wird, oder durch Mineralisation von organischen stickstoffhaltigen Substanzen außerhalb des Fisches. Ursprünglich entsteht freie Salpetersäure, die mit dem Hydrogencarbonat des Wassers zu Nitrat und Kohlendioxid reagiert:

                  HNO3 + HCO3-  à  NO3- + H2O + CO2

 Es wird durch die Nitrifikation also Karbonathärte verbraucht. Ist sie hoch genug und wird laufend durch Wasserwechsel ergänzt, so entstehen keine Probleme. Ist die Futterbelastung hoch, die Karbonathärte aber niedrig, so kann es zu einem völligen Verbrauch der Karbonathärte und zu einem Säuresturz kommen. In einem Experiment habe ich einmal den pH von 3,4 erreicht. Der stellt für viele Fischarten schon ein Problem dar.

Der Ablauf obiger Gleichung kehrt sich um, wenn die Nitratkonzentration durch Aufnahme der Pflanzen (Akkumulation) oder durch Nitratatmung im Mulm oder Filterschlamm oder im Nitratfilter abnimmt. Dadurch steigt die Karbonathärte. Ein Zahlenbeispiel: Ein Anstieg der Nitratkonzentration um 22 mg NO3/L verursacht eine Senkung der Karbonathärte um 1°dH und umgekehrt.

Weiches Wasser ist daher also instabiler, nicht aber, wenn mehr Kohlendioxid eingeleitet wird. Eine Verdoppelung der Kohlendioxidkonzentration von 10 auf 20 mg CO2/L verursacht stets eine Absenkung des pH um 0,3, ohne die Karbonathärte meßbar zu verändern.

Weiches Wasser erfordert einen höheren Kontroll- und Pflegeaufwand als hartes Wasser, weil auch die Bildung oder der Verbrauch von Mineralstoffen prozentual stärker zu Buche schlägt. Zum Beipiel entnehmen wüchsige Pflanzen dem Wasser große Mengen von Mineralstoffen, die durch Wasserpflegemaßnahmen ergänzt werden müssen. Im Weichwasser sind die Vorrate nun einmal geringer!

 

 


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