Home

Michael Schlüter
Weichwasserfische

Fotos
Fotos
Links
E-Mail
Diverses
Gästebuch

Gerd Kassebeer 12.98  AH 4/99, S. 448/031

Hat mein Aquarium den richtigen pH-Wert ?

 

Wissen Sie den pH-Wert Ihres Aquariums? Nein? Trösten Sie sich: Die Mehrheit der Aquarianer weiß nicht, welchen pH-Wert ihr Aquarienwasser hat. Sie besitzt weder elektronische pH-Meter noch Indikatorstäbchen oder Indikatortropfen. Einige Aquarianer wie die mit geregelter CO2-Düngung, Seewasseraquarianer mit Niederen Tieren, Liebhaber anspruchsvoller Pflanzen und Züchter von Weichwasserfischen sehen das anders. Sie messen und wissen, warum!

 1.) Was ist der pH-Wert?

Wenn ich jetzt antworte: „Der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoffionen-konzentration!“, dann ist die Antwort zwar fachlich korrekt, trägt zum Verständnis aber nicht bei, es sei denn, der Leser ist Chemiker oder Ähnliches. Trotzdem versuche ich zunächst die fachliche Schiene und gehe dabei das Risiko ein, daß so mancher interessierte Leser schon hier das Lesen abbricht. Denjenigen, die durchhalten, sei versprochen, daß es bald wieder verständlicher wird.

Reines Wasser besteht aus Molekülen mit der Formel H2O. Ein kleiner Teil dieser Moleküle ist in Ionen zerfallen, und zwar in H+-Ionen und OH--Ionen. In reinstem Wasser sind das natürlich gleich viele Ionen beider Arten, nämlich je 10-7 Mol/Liter bei 25°C. Jeder Stoff, der dem reinen Wasser zugegeben wird, verschiebt das Verhältnis dieser beiden Ionenarten zueinander. Säuren erhöhen die Zahl der H+-Ionen, Alkalien die Zahl der OH--Ionen. Die Summe beider Ionenarten wird größer. Merkwürdigerweise bleibt aber das Produkt beider konstant. Es handelt sich hier um ein Naturgesetz. Das Produkt beträgt bei 25°C 10-14 Mol2/L2:

Konz.H-Ionen  x Konz. OH-Ionen = 10 -14

 

 Logarithmisch schreibt sich das so:

 lg c H-Ionen + lg c OH-Ionen = -14

 

 Mit negativen dekadischen Logarithmen schreibt sich das:

 (- lg c H-Ionen) + (-lg c OH-Ionen) = 14

 

 Wenn man den negativen Logarithmus der Konzentration als p schreibt:

 pH + pOH = 14

 

 

Der pH ist uns geläufig, der pOH nicht. Da bei 25°C ihre Summe 14 ist, kann man aus dem pH sowohl die H-Ionenkonzentration als auch die OH-Ionenkonzentration errechnen. Bei stark abweichenden Temperaturen wird es etwas komplizierter.

Die Definition des pH erspart uns also Potenzrechnen. Ein Beispiel: Der pH sei 4,7, daraus resultiert pOH 9,3. Die H-Ionenkonzentration ist dann 10 -4,7  oder 2x10-5 Mol/Liter, Die OH-Ionenkonzentration ist dann 10-9,3  oder 5x10-10 Mol/Liter. Ein Mol Ionen sind übrigens 6,6x1023 Ionen.

 

2.) Was hat der pH mit der Karbonathärte zu tun?

Hier steckt ein weiteres Naturgesetz dahinter, nämlich die Dissoziation des Kohlendioxids zu H+-Ionen und Hydrogencarbonat-Anionen:

 

CO2 + H2O Û H+ + HCO3-

 

Daraus leitet sich ein Dissoziations-Gleichgewicht ab:

 pK = pH + lg cCO2  - lg cHCO3

 

Das kann man am besten tabellarisch übersehen: 

pH-Wert als Funktion von Karbonathärte und CO2 im Süßwasser

 

Karbonathärte

gelöstes Kohlendioxid (mg CO2/L)

°dKH

mmol/L

2

5

10

20

50

100

0,02

0,007

5,5

5,1

4,8

4,5

4,1

3,8

0,05

0,018

5,9

5,5

5,2

4,9

4,5

4,2

0,1

0,036

6,2

5,8

5,5

5,2

4,8

4,5

0,2

0,071

6,5

6,1

5,8

5,5

5,1

4,8

0,5

0,18

6,9

6,5

6,2

5,9

5,5

5,2

1

0,36

7,2

6,8

6,5

6,2

5,8

5,5

2

0,71

7,5

7,1

6,8

6,5

6,1

5,8

5

1,8

7,9

7,5

7,2

6,9

6,5

6,2

10

3,6

8,2

7,8

7,5

7,2

6,8

6,5

20

7,1

8,5

8,1

7,8

7,5

7,1

6,8

Eigene Berechnungen. Gerd Kassebeer 12.98

 

3.) Zur Bedeutung der Tabelle:

Die Tabelle ist für den Gebrauch an Süßwasseraquarien mit mittelhartem Leitungswasser gemacht. Bei pH > 8,3 muß noch die Dissoziation des Hydrogencarbonats zum Carbonat berücksichtigt werden, bei Seewasser noch der Einfluß des Salzgehalts. Man sieht in der Tabelle, warum bei hoher Karbonathärte ein hoher pH resultiert, sowie bei geringer Karbonathärte ein niedriger pH. Man sieht außerdem, daß die Kohlendioxid-Düngung nur sehr begrenzt zur pH-Korrektur nach unten geeignet ist, weil oberhalb etwa 100 mg/L CO2 fischtoxisch wird.

Achtung! Wurde das Aquarienwasser mit entcarbonisierenden Chemikalien behandelt, die Phosphat oder Phosphorsäure enthalten, so führt der Tropftest für Säurekapazität bzw. Karbonathärte zu unsinnigen Ergebnissen, und die Tabelle ist nicht mehr anwendbar. Auch der CO2-Tropftest führt dann zu unsinnigen Ergebnissen. Eine Entcarbonisierung mit Salzsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure führt dagegen nicht zu falschen Analysenergebnissen! 

Bei gut gerührten Aquarien ohne CO2-Düngung ist die Kohlendioxidkonzentration 2 bis 20 mg/L. Damit ist bei gegebener Karbonathärte der pH-Bereich festgelegt. Will man z. B. einen pH von etwa 6 realisieren, dann muß man die Karbonathärte auf ~0,2°dKH (= 0,07 mmol/L) einstellen. Strebt man hingegen pH ~8 an, so sind ~20°dKH (= 7,1 mmol/L) erforderlich.

Sinkt die Karbonathärte aufgrund der Nitrifikation ab, so sinkt auch der pH! Er ist umso weniger stabil, je niedriger er ist.

 

4.) Bedeutung des pH-Werts für Aquarienfische

Jede Fischart verträgt einen bestimmten pH-Bereich. Dieser ist an einheimischen Nutzfischen untersucht, an Zierfischen nicht. In der Literatur sind Fundortdaten angegeben, die allerdings nicht als optimale Daten aufgefaßt werden dürfen. Generell ist man auf der sicheren Seite, wenn man den Hälterungs-pH nicht allzuweit vom Fundort-pH hält, soweit das überhaupt möglich ist.

Nach Klee ( Angewandte Hydrobiologie. 2. Aufl., Thieme 1991) liegt die untere pH-Grenze bei einheimischen Fischen zwischen 4,5 und 6, die obere zwischen 9 und 11.

Der pH-Wert des Aquarienwassers beeeinflußt Kiemen und Schleimhaut. Bei grober Abweichung vom Sollbereich treten an diesen Organen Schäden auf. Geringere Abweichungen können langfristig Schäden verursachen.

 

5.) Bedeutung des pH-Werts für Aquarienpflanzen

Geht man vom pH-Wert von Nährlösungen aus, so scheint 5 - 6 optimal zu sein. Der Befund deckt sich mit der Mehrzahl der Fundortangaben. Kulturerfahrungen bei anspruchsvollen Pflanzen scheinen das zu bestätigen. Offenbar wird in diesem pH-Bereich das Eutrophierungsproblem, verursacht durch Phosphat und Nitrat, entschärft.

 

6.) Bedeutung des pH-Werts für die Bakterienflora im Aquarium

Kläranlagen werden bei pH-Werten zwischen 6 und 8,5 gefahren. Schwankungen im Einlauf werden je nach Bauart mehr oder weniger gut abgepuffert. Durch Toleranz der Arten und durch Änderung des Artenspektrums ist eine Anpassung an pH-Änderungen möglich (Mudrack-Kunst: Biologie der Abwasserreinigung. 3. Aufl., Fischer 1991).

Nach persönlichen Erfahrungen wurde gute Nitrifikation sowohl bei pH 4 als auch bei pH 8,5 beobachtet.

 

7.) Der pH-Wert als Regelgröße bei der CO2-Düngung

Eine enorme aquaristische Bedeutung  hat die pH-Dauermessung bei der Regelung der CO2-Düngung größerer Aquarien gewonnen. Unter Zuhilfenahme einer pH-Karbonathärte-Kohlendioxid-Tabelle (siehe auch oben) wird der pH-Wert gesucht, bei dem rund 20 mg CO2/L im Aquarienwasser vorliegen, und dieser pH als Regelpunkt eingestellt. Liegt dieser Punkt über pH 7, so sollte mit geeigneten Maßnahmen die Karbonathärte auf 7 oder niedriger eingestellt werden. Auf keinen Fall dürfen Werte von 100 mg CO2/L überschritten werden, da die Fische sonst ihr CO2 nicht mehr ausatmen können.

Die pH-Dauermessung sollte einmal monatlich auf Richtigkeit geprüft werden. Nach 2 - 3 Jahren ist aus Alterungsgründen eine neue pH-Elektrode (Einstabmeßkette) fällig!

 

8.) Einige Meßprobleme

Bei Indikatorstäbchen muß man auch bei Anwendung nach Vorschrift mit Meßfehlern bis zu 0,3 pH rechnen. Tropfindikatoren sind etwas besser, versagen aber bei stark huminsaurem Wasser. Elektronische pH-Meter sind nur so gut wie ihre Kalibrierung. Kalibrierlösungen halten nicht ewig. Fehler beim Kalibrieren werden zu Meßfehlern. Auf die Alterung von Elektroden vor allem bei Dauerbetrieb wurde schon hingewiesen. Nehmen Sie bitte die zweite Stelle der pH-Anzeige nach dem Komma nicht ernst!

 

9.) Der pH-Wert als Indikator bei Seewasserbecken

  

pH-Wert als Funktion von Karbonathärte und CO2 im Seewasser

 

Karbonathärte

gelöstes Kohlendioxid (mg CO2/L)

°dKH

mmol/L

0,5

1

2

5

10

20

0,1

0,036

6,0

5,7

5,4

5,0

4,7

4,4

0,2

0,071

6,3

6,0

5,7

5,3

5,0

4,7

0,5

0,18

6,7

6,4

6,1

5,7

5,4

5,1

1

0,36

7,0

6,7

6,4

6,0

5,7

5,4

2

0,71

7,3

7,0

6,7

6,3

6,0

5,7

5

1,8

7,7

7,4

7,1

6,7

6,4

6,1

10

3,6

8,0

7,7

7,4

7,0

6,7

6,4

20

7,1

8,3

8,0

7,7

7,3

7,0

6,7

50

18

8,7

8,4

8,1

7,7

7,4

7,1

Eigene Berechnungen. Gerd Kassebeer 04.99

 

Bei dieser Tabelle wurde die Ionenstärke J = 0,68 des Seewassers berücksichtigt und daraus eine Dissoziationskonstante von 2,88 x 10-6 berechnet. Bei einem Ideal-pH von 8,3 ist deutlich zu erkennen, daß CO2 ausgeblasen oder assimiliert werden muß und daß die Karbonathärte auf hohem Niveau gehalten werden muß.

 

10.) Fazit

Mein Kompliment den Lesern, die bis hierher durchgehalten haben! Hoffentlich hat der eine oder andere die Überzeugung gewonnen, daß der Besitz eines pH-Tropftests wenigstens die Möglichkeit einer Orientierung gibt. Man weiß, wo man steht. Bei einem pH von über 7,5 z. B. spielen viele Wasserpflanzenarten nicht mehr mit. Die meisten Fischarten kann man mit dem pH nicht schrecken, es sei denn, man will sie züchten. Dann könnte der Kauf eines richtigen pH-Meters schon angesagt sein.

Die wasserchemische Bedeutung erhält der pH durch seine naturgesetzliche Verknüpfung mit Karbonathärte und Kohlendioxidgehalt, welche beide durch Tropftests sehr schön gemessen werden können. Daher noch einmal die Warnung: Treiben Sie die pH-Absenkung mit Kohlendioxid nicht zu weit! Ihre Fische werden vergiftet! Bei zu hoher Karbonathärte muß diese gesenkt werden! 100 mg CO2/L sind für viele Arten kritisch!

 

 


© 2004 Michael Schlüter

Home || Arten || Fotos || Links || Diverses || E-Mail || Gästebuch