Während einer Brasilien-Reise im Dezember
1999/Januar 2000 konnte ich mit Hans G. Evers mehrere Biotope des Rio Negro im Bereich der
Anavilhanas befischen. Bei den Anavilhanas handelt es sich um eine Inselgruppe, die etwa 50 km nordwestlich von Manaus beginnt. An
einigen Stellen des Anavilhanas-Archipels ist der Rio Negro fast 30 km breit. Aufgrund der
großen Anzahl der Inseln verliert man schnell die Orientierung. Daher ist es für genaue
Biotopangaben wichtig, ein Satelliten-Ortungs-System (GPS) mitzuführen.
Die Inseln sind aus den Sedimenten des Rio Branco, der etwas oberhalb des
Anavilhanas-Archipels in den Rio Negro mündet, aufgeschwemmt worden. Aufgrund vieler
verschiedenartiger Lebensräume sind die Anavilhanas sehr artenreich. Obwohl das
Schwarzwasser des Rio Negro nährstoffarm ist, scheinen die einzelnen Arten ausreichend
ökologische Nischen gefunden zu haben. Fischnährtiere konnten wir hier lediglich
Garnelen finden. Neben Fischen selbst scheinen sie die einzig fleischliche Nahrung zu
sein, die wir in größerer Anzahl fangen konnten. In das Wasser gefallene, landbewohnende
Insekten scheinen nicht zum Nahrungsspektrum der Apistogramma zu gehören, da diese an die
bodenorientierte Lebensweise angepasst sind. Allerdings
haben wir keine Magenuntersuchungen vorgenommen. Wir waren erstaunt, an dem ersten Biotop
hauptsächlich viele Jungfische verschiedener Arten feststellen zu können. Als
Fanggeräte hatten wir nur faltbare Rahmennetze. Mit diesen waren wir lediglich in der
Lage, kleine bis mittlere, nicht zu schnell schwimmende Fische zu fangen. Der Biotop lag
an einer Bucht einer unbestimmten Insel, ca. 130 km von Manaus
entfernt. Die Koordinaten:
2°52.44S/6°41.98, 4 Satelliten.

Rio Negro - Uferzone mit überschwemmter
Grasvegetation © 2000 Michael Schlüter |
Eine Uferwand war nur schwach
ansteigend. Die Wassertiefe zwei Meter vom Ufer entfernt lag bei 80 cm, Temperatur an der
Oberfläche 29 °C um 12.30 Uhr, pH-Wert 5,7, elektrische Leitfähigkeit 13 µS/cm. Im
Wasser waren viele Stauden einer Grasart, die normalerweise emers wächst. In Brasilien
nennt man es Caipin. Ein Überschwemmungsgebiet als natürliche Aufzuchtstation. Hier
konnten wir neben Apistogramma cf. pertensis zwischen den einzelnen Grashalmen Taeniacara
candidi Jungfische, zwei unbekannte,
weißweinfarbige Salmler, Nannostomus unitaeniatus, eques und diagrammus, Copella
nattereri, einen Acanthodoras cataphractus, Jungfische einer Geophagus Art
(Satanoperca-Typ) und einen Biotodoma Jungfisch fangen. Auch Microphilipnus spec. bewegten
sich langsam über den Gewässergrund. Leider ist diese kleine Grundel sehr empfindlich, so dass die meisten Tiere
bereits kurz nach dem Einsetzen in den Auffangbehälter sterben. Die nur 2,5 cm großen
Fische lassen sich besser am Leben erhalten, wenn sie nicht aus dem Wasser genommen
werden. Während der Reise sind sie unbedingt zu füttern. Gleiches gilt für Fluviphylax
spec., die wir an der Wasseroberfläche in kleinen Schwärmen am Uferrand sahen und fangen
konnten. An der anderen Uferseite lagen einige Äste eines
umgestürzten, zwei Meter hohen Baumes im Wasser. Hier konnten wir Rineloricaria melini
fangen. Mit ihrer hübschen Fleckenzeichnung ist diese Art sicher eine Bereicherung für
die Aquaristik. Diese Art ist auch bereits von Volker Bohnet gezüchtet worden.

Rio Negro - Uferbereich des Biotops aus der
Nähe © 2000 Michael Schlüter
Die Apistogramma cf. pertensis hielten sich
hauptsächlich zwischen dem Caipin am Bodengrund auf. Dort lagen einige verstreute
Blätter, die zusätzlich Schutz vor Fressfeinden boten. Die Dichte der Apistogramma und
Taeniacara Population war aufgrund unserer Fanggeräte nur schätzbar, mit etwa fünf
Exemplaren auf einen Quadratmeter, bei einer Fläche von ca. 300 m² relativ niedrig. Es
handelte sich ausschließlich um Jungfische und halbwüchsige Exemplare.
Etwa hundert Meter entfernt führte ein
kleiner Seitenarm in den Wald, in dem Äste und umgestürzte Bäume lagen, der nur über
Land erreichbar war. Dieser Biotop war mit Laub bedeckt und von Bäumen eingesäumt, so
dass relativ wenig Licht im Gewässer vorhanden war. Hier lag die Wassertemperatur bei 26
°C, die Wasserwerte waren identisch mit dem erstgenannten Biotop. Die Fischfauna sah hier
trotz der geringen Entfernung ganz anders aus. Neben einigen Nannostomus-Arten konnten wir
hier Acestridium discus, Rivulus obscurus sowie wenige, adulte Apistogramma paucisquamis
fangen.
Die Erstbeschreibung von Apistogramma
pertensis erfolgte bereits 1911 von HASEMAN.
Vermutlich handelt es sich bei Apistogramma
cf. pertensis um eine Fundortvariante (RÖMER 1998). Ich selbst habe Tiere, die dem Typus
des echten A. pertensis zuzuordnen sind, noch nicht gepflegt.
Ich konnte acht Apistogramma cf. pertensis
mit nach Hamburg bringen. Diesen waren durchschnittlich 2 cm lang. Bereits nach drei
Monaten hatten die sechs Weibchen 3-4 cm Länge und die Männchen 6 cm Länge erreicht. In
dem 200 Liter fassenden Aufzuchtaquarium hatte sich jetzt ein Paar gebildet und auch
gelaicht. Die Wasserwerte waren für die Zucht nicht geeignet. Der pH-Wert lag bei 7,
elektrische Leitfähigkeit 120 µS/cm. Die Eier haben sich daher nicht entwickelt und sind
bereits nach einem Tag nicht mehr vorhanden gewesen.

Apistogramma cf. pertensis Paar ©
2000 Michael Schlüter
Das Paar habe ich darauf hin in ein kleines,
dicht bepflanztes Zuchtaquarium gesetzt, Wasserwerte: pH-Wert 5,2, elektrische
Leitfähigkeit 50 µS/cm, Temperatur 26 °C. Den feinen Sandboden habe ich mit Eichenlaub
und Erlenzapfen bedeckt. Sofort nach dem Umsetzten vertrieb das Männchen das Weibchen,
sobald es in sein Blickfeld kam. Einen Monat später hatte sich am Verhalten der Tiere
nichts geändert. Das Weibchen sah schon etwas mitgenommen aus. Die Flossen waren leicht
eingerissen, kleinere Flossenteile fehlten und auch einige Schuppen. Also setzte ich ein
anderes Weibchen hinzu. Dieses war in dem Aufzuchtbecken sehr dominant und vertrieb auch
das zweite Männchen. Zwei Tage später stand das Paar einträchtig an der Frontscheibe.
Vermutlich habe ich bei meiner ersten Fangaktion nicht das im Aufzuchtaquarium laichende
Weibchen gefangen.
Das verbliebende Weibchen konnte ich leider
nicht fangen, ohne das Zuchtaquarium ausräumen zu müssen. Jetzt wurde es von beiden
Tieren gejagt. Am dritten Tag stand das neu hinzugesetzte Weibchen mit 68 Eiern in einer
halbierten Kokosnuss. Während das Männchen etwas entfernt von der Kokosnuss im freien
Wasser, ziemlich zentral im Aquarium stand, wurden die Eier von dem Weibchen betreut. Aus
allen Eiern sind Larven geschlüpft. Nach etwa 60 Stunden dauerte es acht Tage, bis der
Dottersack aufgebraucht war und die Jungfische freischwammen. Sofort wurden die Blätter
nach Nahrung abgesucht, während das Weibchen den kompakt stehenden Schwarm mit
Flossenbewegungen und ruckartigem Schwimmen führte. Die Jungfische können gleich mit
Artemia- und Cyclopsnauplien gefüttert werden. Nach einer weiteren Woche beteiligte sich
auch das Männchen an der Brutpflege. Diese dauerte sechs Wochen, bis die Tiere erneut
gelaicht haben und die Jungfische aus dem Revier vertrieben wurden. Mit einem Alter von
drei Monaten sind die Nachzuchten bei mir 2,5-3,5 cm groß und bei den längsten Tieren
sind bereits Männchen zu erkennen.

Apistogramma cf. pertensis Weibchen
mit Jungfischen © 2000 Michael Schlüter
Mit den entsprechenden Wasserwerten ist
Apistogramma cf. pertensis ein relativ leicht zu haltender, trotz seiner schlanken
Körperform auch robuster Zwergbuntbarsch. Die Färbung ist nicht besonders intensiv,
dennoch finde ich diese Art aufgrund Ihrer Körperform sehr schön.
Literatur:
Mayland, H. J. (1988): Diskusfieber.
Landbuch-Verlag GmbH, 1988
Römer, Dr. U. (1998): Mergus
Cichliden Atlas Band 1, 1. deutschsprachige Aufl. Mergus Verlag GmbH, Melle |